Tischlermeister auf Exkursion
Schon ein Jahr im Voraus musste die Exkursion der Tischlerinnung in die Deutschen Werkstätten Hellerau geplant werden, Besichtigungstermine sind knapp. Am 12. Mai 2016 trafen wir uns dann am Eingang und schon kam die erste Frage auf: aus welchem Material ist die Eingangswand? Der von uns besichtigte Betriebsteil wurde 2003 neu gebaut, und schon gibt es wieder Erweiterungspläne. Der gegenüberliegende historische Teil entstand 1909 und wird heute als Verwaltung genutzt. Äußerst interessant ist die Historie der Werkstätten, deren Existenz den Aufbau der Gartenstadt Hellerau überhaupt erst in Schwung gebracht hat. Nach vielen Visionen, Aufbauarbeit und auch Rückschlägen ist das Unternehmen heute international tätig und für hochwertigste Innenausstattungen bekannt. Mehr als die Hälfte der heute etwa 240 Mitarbeiter sind Ingenieure. Beim Rundgang hörten wir vieles über die Historie, die Aufbauarbeit vor und nach der Wende, die Realisierung der Visionen des Gründers Karl Schmidt, aber auch seine Rückschläge. Sein soziales Engagement wird auch heute fortgeführt. Vom Wandel der Produktpalette erfuhren wir Interessantes: wer wusste schon, dass der Betrieb einst zu den führenden Holzhausherstellern in Deutschland gehörte und in Hellerau die Musterhaussiedlung stand? Und dass auch Holzspielzeug produziert wurde? Das hier ab 1903 die „Maschinenmöbelproduktion“ begann, maschinell herstellbare, zerlegbare Möbel hergestellt wurden? Die Schicht- und Sperrholzplatten wurden hier entwickelt und jeder gelernte DDR-Bürger kennt natürlich vor allem das Wohnraummöbelprogramm. Schon 1925 begannen die Werkstätten mit der Innenausstattung von Passagierdampfern. Und die hochwertige Innenausstattung von Anwesen, Yachten und Vorstandsetagen sind auch das heutige Geschäftsfeld. Neben exklusiven Hölzern werden zu hohen Anteilen auch andere Materialien verarbeitet. Die zahlungskräftigen Kunden aus aller Welt erwarten natürlich Maßarbeit, makellose Verarbeitung und vor allem die Umsetzung ihrer manchmal scheinbar unmöglichen Vorstellungen, laufende Anpassungen inklusive. Und natürlich die komplette Projektarbeit vom Entwurf bis zur Baukoordinierung. Zum Zeitpunkt der Führung wurde im Werk zwar nicht mehr gearbeitet, aber einige Lehrlinge werkelten noch an ihren Aufgaben. Das Unternehmen ist auch heute noch in der komfortablen Lage, sich die Lehrlinge aussuchen zu können. Bewerber müssen dazu einen dreigeteilten Eignungstest durchlaufen. Wer es geschafft hat, erhält eine hervorragende Ausbildung. Unsere Tischlermeister waren jedenfalls begeistert, auch wenn wir von der Produktion nicht allzuviel mitbekommen haben. Und ließen den Nachmittag im Restaurant „Prag“ beim Abendessen ausklingen. Ach so: die Eingangswand besteht aus hochglanzlackiertem Makassar – Ebenholz.